Bayerische Gemälde-Sammlungen München Deutsches Epilepsiemuseum Kork www.epilepsiemuseum.de |
Unter den über 40 namentlich bekannten "Epilepsie-Heiligen" war der Hl. Valentin der bekannteste und wichtigste. Die Geschichte der Heiligen kennt insbesondere zwei Valentine, die beide bei Epilepsie angerufen und deren Lebensdaten und Legenden nicht selten miteinander verwechselt wurden: In Italien und Südwestdeutschland wurde das Epilepsie-Patronat immer mit dem Hl. Valentin von Terni/ Umbrien (3. Jh. n. Chr.) in Verbindung gebracht, in Bayern und Österreich dagegen mit dem Wanderbischof Valentin von Passau bzw. Rätien (5. Jh. n. Chr.). Das Bild zeigt den Heiligen Valentin als Bischof von Terni in prächtigem Ornat, mit Mitra und Bischofsstab; seine rechte Hand ist in segnender Gebärde angehoben, die linke hält die in ein rotes Tuch gehüllte Bibel. Ein Mann liegt im epileptischen Anfall zu Füßen des Bischofs. Es ist die "tonische" ("verkrampfte") Phase eines großen Anfalls (grand mal) dargestellt: Der Anfallkranke in fast übertrieben anmutender Überstreckung des Körpers ("arc de cercle"), der Mund und die Augen sind - wie dies für diese Anfallsphase durchaus typisch ist - weit geöffnet, die Lippen bläulich verfärbt, die Arme weit ausgestreckt. |
Bayerische Gemälde-Sammlungen München Deutsches Epilepsiemuseum Kork www.epilepsiemuseum.de |
Die Frau im Hintergrund (Ehefrau des Kranken?) imitiert in ihrem Entsetzen über das Geschehen geradezu die Symptomatik des im Anfall gestürzten Mannes: Auch sie mit gespanntem, leicht überstrecktem Körper, ausgebreiteten Armen, leicht geöffnetem Mund und etwas starr blickenden Augen (die nicht auf den Kranken, sondern in eine unbestimmte Ferne gerichtet sind). [Dass ein epileptischer Anfall bei erschreckten Beobachtern eine anfallsähnliche Symptomatik provozieren kann, hat Thomas Mann in seinem Roman "Der Zauberberg eindringlich beschrieben: Als der Lehrer Popow im Speisesaal des Tuberkulosesanatoriums einen großen epileptischen Anfall erleidet, stellen sich bei einigen der entsetzten Beobachter ganz ähnliche Symptome ein: "Die Damen ... wurden von den verschiedensten Zuständen betreten, so dass einige es Herrn Popow fast gleichtaten. Ihre Schreie gellten. Man sah nichts als zugekrampfte Augen, offene Münder und verdrehte Oberkörper. Eine einzelne gab stiller Ohnmacht den Vorzug. Erstickungsanfälle, da jedermann von dem wilden Ereignis im Kauen und Schlucken überrascht worden war, spielten sich ab. Ein Teil der Tischgesellschaft suchte durch die verfügbaren Ausgänge das Weite."] |