Norbert Burgmüller Deutsches Epilepsiemuseum Kork www.epilepsiemuseum.de |
"Nach Franz Schuberts frühzeitigem Tod konnte keiner schmerzhafter treffen als der Burgmüllers" - so kommentierte Robert Schumann den frühen Tod des hochbegabten, vielversprechenden Komponisten Norbert Burgmüller, der am 7. Mai 1836 infolge eines epileptischen Anfalls in einem Heilbad in Aachen ertrunken ist. Norbert Burgmüller wurde am 8.2.1810 in Düssel- dorf geboren. Sein Vater, August Burgmüller, war Kapellmeister und Musiklehrer, seine Mutter, Therese von Zandt, war eine hochbegabte Sängerin und Pianistin; sie war außerdem als Schriftstellerin tätig. Es gibt Hinweise dafür, dass Therese von Zandt vor ihrer Heirat im engen Kontakt - ja, möglicherweise in einer Liebesbeziehung - zu Beethoven stand; die Vermutung liegt nahe, dass die Sängerin Therese Vorbild für Leonore in Beethovens einziger Oper Fidelio war. |
Schon sehr früh zeigte sich die außergewöhnliche musikalische Bega- bung des jungen Norbert. 1825 komponierte er das erste bemerkens- werte Werk, ein dreisätziges Streichquartett. Im Alter von 2o Jahren erlebte der junge Komponist einen schweren persönlichen Schick- salsschlag, der sein weiteres Leben prägen sollte: Burgmüller verlobte sich mit der umschwärmten Sängerin Sophia Roland, die die Verlobung aber wenige Monate später löste und kurz darauf verstarb. Der ohnehin sensible, häufig in sich gekehrte, von seinen Freunden oft als melancholisch geschilderte Burgmüller erlitt einen "Nerven- zusammenbruch", wenig später begann seine Epilepsie-Krankheit. (Es ist durchaus denkbar, dass es sich bei dem als "Nervenzusam- menbruch" bezeichneten Ereignis bereits um ein erstes epileptisches Geschehen gehandelt hat.) |
Über Burgmüllers Epilepsie ist nicht allzu viel bekannt. Die epileptischen Anfälle begannen wahrscheinlich im Alter von 2o Jahren (s.o.). An keiner Stelle der zur Verfügung stehenden Quellen sind die Anfälle des jungen Komponisten detailliert beschrieben. Aus der Sorge, ja der Furcht der Freunde um die Gesundheit Burgmüllers muss jedoch geschlossen werden, dass das Anfallsbild ausgestaltet, möglicherweise "dramatisch" war, daß es sich also um "große" Anfälle (Grand mal-Anfälle) gehandelt hat. Bezüglich der Anfallshäufigkeit kann die Bemerkung des Freundes Wolfgang Müller einen Hinweis geben, die er unmittelbar nach Burgmüllers Ertrinkungstod zu Papier brachte: "Ein epileptischer Anfall, wie sie ihn von Zeit zu Zeit packten...". |
Auch von anderen Freunden werden die epileptischen Anfälle Burgmüllers erwähnt, z.B. von Christian Dietrich Grabbe und Karl Immermann; in dessen Erzählung Grabbe heißt es: "Im Mai 1836 reiste Norbert nach Aachen, um sich von alt-eingewurzelten Uebeln zu heilen. Seit seiner Kindheit schwächlich, war er späterhin epileptischen Zufällen unterworfen gewesen". Für Freiherr Karl von Ferber war die Epilepsie Burgmüllers (die er als "Nervenübel" bezeich- nete) Anlass gewesen, dem Freund diese von Immermann erwähnte eine Reise zu den Heilbädern in Aachen zu empfehlen - diese würden sicherlich zur Linderung seines Leidens beitragen. |
Es wurde Burgmüllers letzte Reise. 14 Tage sollte der Aufenthalt in der Bäderstadt dauern, aber bereits am 5. Aufenthaltstag kam es zu der Katastrophe - Wolfgang Müller hat die letzten Stunden Burgmüllers in einer romanhaften Erzählung nachempfunden. Dort heißt es: "So gingen sie [gemeint sind von Ferber und Burgmüller - Anm. d. Verf.] in die Bäder und ließen sich zwei Stuben anweisen, die nebeneinander lagen. Während des Auskleidens bis zum Betreten der Wanne wechselten sie noch Reden durch die dünnen Wände. Da hörte Ferber plötzlich einen seltsamen, ächzenden Ton aus Burgmüllers Zelle herausdringen. |
Er rief sogleich; aber es kam keine Antwort. Der geängstete Freund sprang aus dem Wasser, umhüllte sich mit dem Nothwendigsten und eilte an die Thür der benachbarten Klause. Sie war verschlossen. Auch jetzt erfolgte kein Zeichen. Da machte Ferber Lärm, indem er zugleich das Schloß sprengte. Die Leute des Hauses waren unterdeß herangekommen. Welcher Schrecken für Ferber! In der Wanne lag die Leiche Norbert Burgmüllers, den weder Rufen noch Reiben, noch die herbeigeholten Aerzte ins Leben zurückrufen konnten. Ein epileptischer Anfall, wie sie ihn von Zeit zu Zeit packten, war ihm überkommen und das Wasser hatte den Bewußtlosen erstickt. Der wackere Freund that Alles, was er konnte, aber alle Belebungsversuche durch herbeigeholte Aerzte waren vergebens". |
Im Nekrolog Christian Dietrich Grabbes, der drei Tage nach dem Tod des Musikers im Düsseldorfer Fremdenblatt erschien, nimmt der Freund nochmals Bezug auf die Krankheit Burgmüllers: "Man warf dem Norbert bisweilen vor, er sey zu wenig fleißig. Hätten die Tadler einen reitzbaren, leicht durch Alltäglichkeiten gestörten, behinderten Genius zu schätzen gewußt, epileptische Anfälle und drückende Verhältnisse erwogen, so würden sie gestehen müssen: Norbert that, was er unter den Umständen konnte". (In den letzten Jahren haben die Werke des hochromantischen Burgmüllers eine erstaunliche Renaissance erfahren, insbesondere seine zwei Sinfonien, das Klavierkonzert, die vier Streichquartette und das Duo für Klavier und Klarinette.) |