Ludwig II. Graf Eberhard im Bart (der jüngere Bruder Ludwigs) Deutsches Epilepsiemuseum Kork www.epilepsiemuseum.de |
Zu seinen Lebzeiten war Graf Ludwig II. von Württemberg keineswegs prominent - und er wäre wohl endgültig dem Vergessen der Geschichte anheim gefallen, wenn er nicht an einer Epilepsie gelitten hätte. Als Ludwig I. von Württemberg 1450 starb, hinterließ er zwei unmündige Söhne: Ludwig und Eberhard. Wegen eines "schweren Gebrechens" musste der ältere Ludwig von der Nachfolge im Grafenamt ausgeschlossen werden; statt dessen wurde sein jüngerer Bruder Eberhard - zunächst unter Vormundschaft stehend - mit den gräflichen Regierungsgeschäften betraut ("Graf Eberhard im Bart", hier an Stelle seines Bruders abgebildet; von Ludwig selbst existieren keine Abbildungen). Graf Ludwig II. war seit frühster Kindheit geistig zurückgeblieben und litt ganz offensichtlich an der Fallsucht. |
Damals, im ausgehenden Mittelalter, galt die Epilepsie als durch böse Geister oder Teufel hervorgerufenes "dämonisches Leiden", und so suchten die Patienten und ihre Angehörigen konsequenterweise Rat und Hilfe nicht bei den Ärzten (die ohnehin kein probates Mittel gegen diese Krankheit zur Hand hatten), sondern bei der Kirche, bei Gott und den Heiligen. Medizin- und kulturgeschichtlich bedeutsam ist nun das uns überlieferte Gelübde Ludwigs II., mit dem er und seine Eltern hofften, durch Gebete, Fasten und Opfern von der schrecklichen Krankheit befreit zu werden. |
Unter den mehr als 40 Heiligen, die im Mittelalter als Schutzheilige für die Epilepsie "zuständig" waren, war er der bedeutsamste, und Rufach im Ober-Elsass, wo eine wundertätige Kopf-Reliquie des heiligen Valentin von Terni aufbewahrt wurde, war im Spätmittelalter zweifellos der berühmteste Wallfahrtsort für "Fallsüchtige". Der geistes- und epilepsiekranke Ludwig starb im November 1457, knapp 18-jährig. Die Ursache seiner Krankheit ist heute nicht mehr zu eruieren; möglicherweise deutet die Tatsache, dass zwei seiner Vettern väterlicherseits ebenfalls geistes- krank waren darauf hin, dass bei der Ätiologie des Leidens ein genetisches Moment (neuro- metabolische Erkrankung?) eine Rolle spielte. |
Auszug aus dem Gelübde Ludwigs II. Mins herre grafe Ludwigs, des jungen, verhaiß. Nota, dis sind die gelüpt, die von des hochgeborne mins gnedigen hern wegen verhaisen sind. 1. Item zu dem ersten sol er sin leptag ein brieflein an sinem halß tragen, daran geschriben also: |
Auszug aus dem Gelübde Ludwigs II. 5. Item und wenn sin gnad zu sinen tagen kumpt, so sol sich sin gnad mit sin selbs lib gen Rufach dem lieben herren SANT VALENTIN antwurten und im ain bild mit im bringen, das X guldin wol wert sy, von welicherlay sin gnad wil. [...] 8. Item sin gnad sol ouch, dieweil er lebt, all fritag meß hörn und uff den tag dartzu meß frumen und opern mit pfennigen. [...] aus: H. Heintel: Quellen zur Geschichte der Epilepsie. Aus "Hubers Klassiker der Medizin und der Naturwissenschaften" Band XIV. Huber, Bern, Stuttgart, Wien 1975. S. 33f |