Alfred Nobel mit 40 Jahren Portrait von Th. Phillips, 1813 Deutsches Epilepsiemuseum Kork www.epilepsiemuseum.de |
In seinen ersten Lebensjahren hätte Alfred Nobel fast das Schicksal von fünf in frühester Jugend verstorbenen Geschwistern geteilt: Seine Kindheit war gekennzeichnet von zahlreichen Krankheiten, körperlicher Schwäche und Entbehrungen. Nach dem Urteil der Biographen war es nur der liebevollen und aufopfernden Pflege seiner Mutter zu danken, dass Alfred diese schwere Zeit lebend überstand. In seinem autobiographischen (in sehr gutem Englisch verfassten) Gedicht, das er mit "A Riddle" ("Ein Rätsel") betitelt hatte, ließ Nobel mit 18 Jahren diese schweren Jahre seiner Kindheit in der Erinnerung lebendig werden: "Meine Wiege glich einem Totenbett und jahrelang wachte eine Mutter in ewig angstvoller Liebe, um das zitternde Flämmchen zu hüten, so gering die Hoffnung auch war. Kaum brachte ich die Kraft auf, die Brust zu nehmen. Zuckungen befielen mich, die mich aufstöhnen ließen am Rande des Nichts - eine Schule tiefsten Schmerzes mit dem Tod als Ziel." |
Hatte Nobel in seiner Kindheit epileptische Anfälle? Waren die "Zuckungen", die im englischen Originaltext mit "convulsions" benannt sind, epileptischer Provenienz? Der große amerikanische Epileptologe des 20. Jahrhunderts, William Gordon Lennox, war dieser Ansicht. In seinem epochalen Werk "Epilepsy and Related Disorders" schreibt er: "Nobel was subject to migraine, and to convulsions from infancy" ("Nobel war neben Migräne auch von Kindheit an Konvulsionen ausgesetzt."). Ganz offensichtlich bezieht sich diese Bemerkung Lennox' auf das oben erwähnte Gedicht Nobels. |
Mit großer Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, dass beim Stifter des Nobel-Preises im Erwachsenenalter eine Epilepsie nicht vorgelegen hat - aber selbstverständlich ist nicht ausgeschlossen, dass es bei dem jungen Alfred in früher Kindheit zu epileptischen Anfällen gekommen ist, die ihn später veranlassten, in seinem Gedicht von Zuckungen und "Agonie" zu sprechen. Nobel - so muss der rückblickende Epileptologe konstatieren - war also mit größter Wahrscheinlichkeit kein "genialer Epilepsie- kranker", möglicherweise aber "ein genialer Mensch mit occasionellen epileptischen Anfällen in der Kindheit". |