Der in Berlin geborene Arzt Hermann Andreas Reimer (1825-1906) eröffnete am 1.8. 1855 die erste "Heilanstalt für Epileptische" in Deutschland.
Das Gebäude lag in einsamer ländlicher Umgebung am Fuße des Obermühlberges bei Görlitz, 30 km östlich von Dresden. Das Haus war um die Mitte des 19. Jahrhunderts in der typischen Form der "Villa im italienischen Stil" erbaut worden.
Es war zunächst für zwölf Epilepsie-Patienten aus wohlhabenden Familien bestimmt. Der Preis für den stationären Aufenthalt betrug 30 Friedrichsd'or pro Jahr und musste für 6 Monate im Voraus entrichtet werden.
Jeder Kranke hatte Anspruch auf zwei Zimmer. Gesellschaftsräume sollten einen günstigen Einfluss auf das Wohlbefinden ausüben. Einem "Wärter" oblag die Bedienung und Pflege von zwei Kranken bei Tag und Nacht. Sein Zimmer lag zwischen den Schlafzimmern seiner Schützlinge. Besondere Lagerstätten, Vermeidung scharfer Ecken und weiche Teppiche sollten die Gefahr von Verletzungen beim Sturz im Anfall mindern. Die Behandlung bestand in der Anwendung kalter, lauer oder warmer Bäder, in körperlicher Bewegung und in der Verordnung einer speziellen Diät auf mineralischer und vegetarischer Basis. (Kaliumbromid, das erste objektiv wirksame anfallhemmende Medikament, wurde in Deutschland erst in den folgenden Jahrzehnten systematisch zur Epilepsiebehandlung eingesetzt.) Da es offenbar nur wenige finanzkräftige Epilepsiekranke gab, kam die Reimersche Heilanstalt rasch in wirtschaftliche Probleme. Dr. H. Reimer
(1825 - 1906) |
![]() 1867 übergab Dr. Reimer die Einrichtung dem deutschen Psychiater Karl Ludwig Kahlbaum, der sie bis zu seinem Tod 1899 leitete und ihr Weltruf verschaffte. Das von Reimer errichtete Gebäude hat, wenn auch in veränderter Gestalt, die Zeiten überdauert. Es beherbergt heute die II. Medizinische Klinik des Bezirkskrankenhauses Görlitz. ![]() nach: H. Heintel: Hermann Andreas Reimer und seine 1855 eröffnete "Heilanstalt für Epileptische". Medizinhistorisches Journal Bd. 17, 1/2 (1982) |